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Der 20. Immo-Skandal: Über kleine und große Hochhäuser, großangelegte Sprengungen und die Chancen einer neuen Stadtplanung – Der Publizist und freie Kurator Yorck Förster im Gespräch mit Edda Rössler und Effi B. Rolfs
Erstellt von Immo-Skandal am 06.02.2014
Frankfurt, Januar 2014. Vom 1. Februar bis 11. Mai 2014 präsentiert das DAM (Deutsches Architekturmuseum) eine Ausstellung der „22 besten Beispiele aktueller Architektur in und aus Deutschland“. Yorck Förster ist seit über zehn Jahren als freier Kurator für das DAM tätig, gehört der Jury des DAM-Preises an und entscheidet gemeinsam mit Peter Cachola-Schmal (Direktor DAM) und weiteren Experten, welche Bauten zu Deutschlands besten zählen.
And the winner is…..
Auf Platz 1 der besten Beispiele deutscher Architektur, verriet Yorck Förster, schaffte es das Kunstmuseum Ravensburg, ein Bau der LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei Architekten. Auf die Frage, inwieweit man bei den Preisträgern Architektur-Trends erkennen könne oder ob die Preisvergabe sogar Trends festige, verwies er darauf, dass sich Architektur und Stadtplanung immer im historischen Kontext bewegen und Zeitströmungen ausdrücken. „Als Jury subsumiert man, aber durchaus kann man durch Preisvergaben auch Tendenzen fördern.“
Weniger Funktionalismus, mehr Brutalismus
Anlass für die Auseinandersetzung mit Architektur, berichtet der studierte Philosoph und Soziologe, sei für ihn die Ästhetik gewesen. Als er vor über zehn Jahren die Zusammenarbeit als freier Kurator mit dem DAM aufnahm, war der Aufbruch zur Postmoderne ein prägendes Thema in der Architektur, das auch von dem damaligen DAM-Direktor Heinrich Klotz gewürdigt wurde. „Noch immer sind die prägnanten Häuser mit der auffälligen Fassadengestaltung in der Frankfurter Saalgasse ein schönes Beispiel für die Postmoderne, in der die starre Formsprache der Architektur der Moderne aufgebrochen wird“, so Yorck Förster. „Die Form eines Baus und seine Bestimmung sollen zu einer Einheit werden“. Während des Studiums der Philosophie, Soziologie und Kunstpädagogik begann seine unmittelbare Architektur-Erfahrung in den Seminarräumen der Frankfurter Hochschulbauten. Dabei setzt er weniger auf die Ferdinand Kramer-Bauten, eher auf den Brutalismus und den AfE-Turm. „Die Institutsbauten am Botanischen Garten ebenso wie das Pharmazeutische Institut sind komplex schöne Bauten mit einer klaren, funktionalen Formsprache. Anders als die feingliedrigen Kramer-Bauten sei der 1972 fertiggestellte AfE-Turm ein gerade in seiner Widersprüchlichkeit interessanter Bau. Als Hochhaus solle er ehedem doch Selbstbewusstsein und die Bedeutung einer wachsenden Universität und der Gesellschaftswissenschaften in dieser Universität symbolisieren, obwohl viele planerische Aspekte nicht stimmten. „Zu wenig Aufzüge, nicht funktional und fehlende Kommunkationsangebote.“ Kurioserweise, wundert er sich, erfährt der Turm jetzt mit der inszenierten Sprengung „einen großen Bahnhof“. Die Eröffnungsparty in den 70er Jahren sei aufgrund befürchteter studentischer Proteste ausgefallen.
Die gesellschaftliche Bedeutung von Hochhäusern – vom Zürich-Haus zum Opernturm
Welche Rolle Architektur für gesellschaftliche Prozesse spielen kann, zeigt er am Beispiel eines anderen Hochhauses auf. Auch das Anfang der 60er Jahre fertiggestellte, „elegante“ Zürich-Haus, das seinen Standort am Anfang der Bockenheimer Landstraße hatte, fiel der Abrissbirne anheim. Stattdessen prangt an dieser Stelle seit 2010 der von dem Architekten Christoph Mäckler konzipierte monumentale Wolkenkratzer Opernturm. „Das Zürich-Haus mit seiner filigranen Sandwich-Fassade und der geschmackvollen blauen Farbgebung bestach mit ästhetischen Vorzügen.“ Doch war es zugleich die in Stahlbeton gegossene Visualisierung einer problematischen Stadtplanung. Einerseits sollte die fest gefügte gründerzeitliche Blockstruktur des Quartiers aufgelockert werden. Andererseits sollten dafür große Teile des Frankfurter Westend in eine Bürostadt umgewandelt werden. Damit einher ging die Zerstörung wertvollen Wohnraums und der alten Westendvillen, die zur Verfügungsmasse von Spekulanten wurden. Wie der Frankfurter Straßenkampf so gehört auch das Zürich-Haus nunmehr zur Geschichte der Stadt. Die moderne Variante auf dem historischen Standort, Christoph Mäcklers Opernturm, kann der Ästhet akzeptieren. „Der Opernturm nimmt gelungen auf seine Umgebung und seinen Standort Bezug.“
Chancen einer postmodernen Stadtentwicklung
Aus der Geschichte lernen und eine fehlerhafte Stadtplanung in funktionierende, organische Stadtgebilde umformen, diese Chance hat Frankfurt jetzt seiner Meinung nach vor allem bei der Umwandlung des Stadtteil Niederrad vom monotonen Bürostandort zu einem im Idealfall pulsierenden, durchmischten Stadtteil. An dieser Stelle erinnert er an die problematischen Leitlinien der oft missinterpretierten Charta von Athen. Die unter der Federführung von Le Corbusier entwickelte und verabschiedete Charta beinhaltet die klare Funktionstrennung von Wohnen und Arbeiten. „Die neuen Frankfurter Stadtteile brauchen Durchlässigkeit, Transparenz und ein Miteinander der Gegensätze.“ Und es gilt das Nebeneinander der Stadtquartiere immer wieder neu zu entdecken. Was das bedeutet, zeigt die neue Osthafenbrücke. Nicht nur architektonisch ist das Bauwerk für Yorck Förster gelungen. Für jeden Nutzer ist plötzlich erfahrbar, wie dicht das Ostend und das vermeintlich so weit entfernte Kaiserleiviertel und Offenbach beieinander liegen.
DAM PREIS FÜR ARCHITEKTUR IN DEUTSCHLAND
Die 22 besten Bauten in\aus Deutschland
1. Februar – 11. Mai 2014
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