Der 12. Mai ist internationaler ME/CFS-Tag: Lebensqualität häufig so schlecht wie bei Krebs im Spätstadium
Erstellt von Bündnis ME/CFS am 02.05.2012
Hannover, 02. Mai 2012. Für viele Betroffene reicht die Kraft nicht einmal mehr für den täglichen Gang unter die Dusche, die Besorgung von Lebensmitteln oder ein Treffen mit Freunden - und das über Jahre: Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums leiden in Deutschland zirka 300.000 Menschen an Myalgischer Encephalomyelitis, auch bekannt unter Chronic Fatigue Syndrome.
ME/CFS hat mit Burnout nichts zu tun
Dass die Lage der deutschen Patienten so schlecht ist, das hängt nach Auffassung des Bündnis ME/CFS auch mit der häufigen, unzutreffenden Vermischung mit psychischen Erkrankungen wie Burnout oder Depressionen zusammen. „Mit Burnout und Depressionen hat diese Erkrankung genauso wenig gemeinsam wie das beispielsweise bei Multiple Sklerose oder Rheumatoider Athritis der Fall ist“, stellt Nicole Krüger klar. Vielmehr ist ME/CFS eine neuroimmunologische Erkrankung mit oft messbaren Abweichungen im Immunsystem. Die Krankheit beginnt häufig schlagartig innerhalb von Tagen oder sogar Stunden und wird in der Regel chronisch, im Gegensatz zum meist gut therapierbaren Burnout. Daher greifen bei ME/CFS auch nicht die für Burnout empfohlenen Therapien.
Richtungsweisende Forschung aus Norwegen – Stillstand in Deutschland
Während in Deutschland kein Cent in die biomedizinische Erforschung von ME/CFS fließt, wird in Ländern wie den USA oder Norwegen an Ursachen und Therapie der Erkrankung geforscht. So veröffentlichten die norwegischen Onkologen Mella und Fluge Ende 2011 eine zukunftsweisende Studie mit einem bisher in der Krebstherapie eingesetzten Wirkstoff. Bei zwei Drittel der ME/CFS-Patienten führte das Medikament zu einer teils deutlichen Besserung oder gar Heilung. Weitere Studien zur besseren Erforschung des Wirkstoffs sind allerdings notwendig. „Wir brauchen dringend auch in Deutschland Forschungsbudgets, um Therapieoptionen für ME/CFS-Patienten zu finden“, so Krüger. Die Kosten einer Nichtbehandlung in Form von Produktivitätsausfällen und nötigen Sozialleistungen seien nach Schätzungen aus den USA um ein Vielfaches höher als konsequente Forschung und Behandlung.
Geplatzte Lebensträume – wie Betroffene die Erkrankung erleben
Für die meisten Betroffenen bedeutet ME/CFS das Ende ihres normalen Lebens: „Ich hatte gerade einen neuen Job begonnen und mich sehr auf die neue Aufgabe gefreut“, erzählt Eva D. Doch nach einer Grippe vor gut zwei Jahren war nichts mehr so wie es sein sollte. Von einem Tag auf den anderen wurde die junge Frau so krank, dass sie sich teilweise kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Jeder Schritt, jede Bewegung, selbst Sprechen fiel ihr schwer – bis heute. „Mein Leben fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus“, beschreibt sie, „es ist bis heute fast nichts davon übrig geblieben, trotz zahlreicher Arztbesuche und privater Ausgaben für Diagnostik und Therapieversuche im fünfstelligen Bereich“. Arbeiten kann die 33-Jährige nicht mehr, ihre Tage verbringt sie größtenteils in der Wohnung. Ob sich das irgendwann ändern wird und sie doch ein Teil ihrer Lebensträume verwirklichen kann, ist ungewiss. Doch sie hat noch Hoffnung: „Ich glaube an eine Gesellschaft, die Kranke nicht allein lässt, deren Verantwortliche die Augen nicht weiter verschließen und uns als schwer organisch chronisch Kranke anerkennen, die eine Therapie und Versorgung benötigen wie alle anderen chronisch Kranken auch“.
Informationsmaterialien für Betroffene, Angehörige und Ärzte finden Interessierte beim Bündnis ME/CFS unter http://www.buendnis-mecfs.de/ .
Das Bündnis ME/CFS wurde im Dezember 2009 von Patienten und Vertretern verschiedener deutscher Patientenvereinigungen gegründet. Ziel des Bündnis ist es, über die Krankheit ME/CFS aufzuklären und die bisherigen Zustände in Deutschland zu verbessern. Das Bündnis setzt sich daher für einen Paradigmenwechsel ein: ME/CFS soll in Deutschland als die schwere neuro-immunologische Erkrankung, die sie gemäß WHO-Kodierung ist, bekannt und anerkannt werden. Das Bündnis leistet Aufklärungsarbeit, sucht den Kontakt zur Ärzteschaft, zu Sozialversicherungsträgern und zur Politik. Darüber hinaus gibt die Patienteninitiative Informationsmaterialien zu ME/CFS heraus. Bisher verfügbar sind Broschüren für Ärzte, Pfleger und Angehörige ME/CFS-Kranker.
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